Es beginnt sich zu entwickeln

Heute ging ich Spazieren.

Alleine, nicht auf der Straße.

In Deutschland und auch bei uns in Österreich ist das ja Gang und Gebe. Es ist unser neuer Sport geworden, um zu zeigen was uns nicht passt und was wir nicht in Ordnung finden. Da können wir uns vernetzen und lernen andere Menschen kennen.

Es ist das Gemeinschaftsgefühl, das mich auf Demos gehen lässt. Ich bin nicht mehr so alleine mit meinen Sorgen und sehe, dass es vielen so ähnlich geht wie mir. Womöglich wird sich dabei auch etwas Neues entwickeln, etwas entstehen.

Jede Krise bringt so etwas mit sich. Viele verstehen nicht warum ich auf Demos gehe. Es ist für sie so konträr, so gefährlich, so unsolidarisch oder Anderes. Doch ich glaube, auch diese Menschen fühlen sich oft einsam und alleingelassen mit ihren Sorgen.

Seit nun 22 Monaten hat uns diese Pandemie im Griff. Für die Einen ist es eine reale Gefahr und für die Anderen ein abgekartetes Spiel. Es gibt da viele Nuancen, die da noch mitspielen und trotzdem sind die Menschen in zwei Lager getrennt worden.

Mir kommt vor, dass es dadurch einfacher zu kontrollieren ist. Wenn es 50 oder mehr verschiedene Varianten von Meinungen gibt, ist es schwieriger für das lenkende Organ. So gibt es nun gut und schlecht, brav und schlimm, hörig und widerständig. Jeder hat für sich recht und die Wahrheiten können unterschiedlicher nicht sein.

Das gilt nicht für alle. Es gibt auch viele, die sagen: „Es ist jedem seine Entscheidung was er tut. Damit ist er nicht gleich gut oder böse.“ Ich habe gemischte Gefühle wenn ich darüber nachdenke. Daher habe ich das Bedürfnis, mich mit Menschen auszutauschen und zu erfahren, wie ihre Sicht der Dinge ist.

Das hat sich in den letzten Monaten für mich als sehr schwierig herausgestellt. Einerseits weil es wenig Redebereitschaft gab und andererseits weil ich anfangs keinen adäquaten Weg gefunden habe, wie ich diese Kommunikation führen könnte. Wenn ich mit einem Menschen über ein Thema reden will ist es notwendig, dass ich dessen Meinung stehen lassen kann. Mich darüber zu stellen wird dem Gespräch nicht dienen. Dabei sollte keiner der beiden sein Gesicht verlieren müssen und ein Informationsaustausch stattfinden. Ich möchte mit den Menschen ins Gespräch kommen und es gelingt nun
immer besser. In der Familie ist es sehr schwer möglich und spitzt sich sogar immer wieder zusammen und eskaliert sogar. Dies ist für beide Seiten sehr belastend. „Das muss sich ändern!“, dachte ich mir und grübelte wie man das unter einen Hut bringen könne. Da sprach mich mein Freund darauf an, ein Projekt zu starten.

Wir zwei haben sich, nach so langer Zeit entschieden, sich schriftlich mit dem Thema auseinander zu setzen. Vorerst wird das für uns passieren, um auf diesem Wege die Geschehnisse zu verarbeiten und etwas daraus zu formen. Dann können wir sicher den Frust besser verarbeiten und belastende Gespräche vorerst vermeiden.

Wir haben uns entschlossen einen Blog zu schreiben. Einen Blog, der beschreiben soll wie es den Menschen in unserer Gesellschaft geht, was sie erleben, womit sie sich auseinander setzen oder auch nicht.
Wir suchen das was verbindet und werden darum bemüht sein, eine Wortwahl zu finden, die die Menschen zusammen führt und ihnen die Möglichkeit gibt sich und andere besser zu verstehen. Wenn uns das gelingen mag, würde mich das sehr freuen und deshalb kann dieses Projekt sehr viel Sinn machen.

Anfangs werden wir unsere Geschichten schreiben, doch wir wollen verschiedene Geschichten veröffentlichen um eine gute Sammlung zu finden. Hierbei soll es ermöglicht werden alle Seiten betrachtet zu können um mehr Verständnis für alle Menschen in unserem Land zu schaffen.

Ich sitze zu Hause im Büro während ich diesen Text schreibe, blicke aus meinem Fenster und schaue über eine große Wiese auf den gegenüberliegenden Wald. Den hat das aktuelle
Weltgeschehen nicht berührt. Er reagiert auf die Jahreszeiten wie er das schon seit hunderten von Jahren tut. Es kümmert ihn nicht, was rundherum entschieden wird und wer ausgegrenzt wird oder wer Privilegierter ist. Er ist einfach da und er wird auch nachher da sein.
Vielleicht wird der eine oder andere Baum aus den Reihen fallen, doch es kommen auch immer wieder neue Bäume nach. Das gehört zum Ökologischen Kreislauf des Waldes dazu. Das war immer so und wird so bleiben.

Ich bedanke mich für jeden Baum der standhaft hier vor meiner Kulisse steht und genieße den Anblick, der mich ruhiger atmen lässt. Auch wenn sich rundherum alles verändert, wird es immer etwas geben, was noch bleibt. Etwas Vertrautes und etwas, was uns Kraft gibt, selbst wenn alles andere unsicher zu sein scheint.

Ich freue mich auf unser neues Projekt und ich freue mich auf unsere Leser.

2 Antworten zu „Es beginnt sich zu entwickeln”.

  1. Per Zufall bin ich auf eure Seite gestossen. Euer Projekt ist eine gute Idee. Jeder hat seine ganz persönliche Geschichte damit, viele Menschen haben einen Schock erlitten, ohne dass sie an dem Virus erkrankt sind und manche werden erst dann – wenn die Pandemie für beendet erklärt wird – aus der Schockstarre erwachen. Da wird es einiges zu verarbeiten geben und dann hilft es, wenn man es irgendwo deponieren darf, wo es auch gehört wird.
    Ich habe selber gehöre zu denen, die durch die Massnahmen sehr getroffen wurde. Noch heute steigen in bestimmten Situationen die Tränen hoch. Wut auch….vielleicht kann ich dann auch mal richtig weinen, wenn alles vorbei ist.
    Liebe Grüsse Brig

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    1. Liebe Brig,
      Vielen Dank für den ersten Kommentar auf unserem Blog.
      Tränen werden fließen wenn die Zeit dafür gekommen ist. Wenn du bereit bist Geschichten von dir über unseren Blog teilen zu wollen melde dich gerne auch unter

      coronageschichten@gmx.at

      Fühle dich umarmt und bleibe uns treu!

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